Liebenden ist das Rechnen lästig

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Friedrich Weinreb in Gedanken über Tod und Leben

Der Liebende nimmt Enttäuschungen in Kauf, erlebt Verzweiflung, lodert vor Eifersucht. Aber er liebt, er kann nicht sagen warum. Er empfindet Fragen nach dem Warum als ärgerlichen Blödsinn. Das Gleiche gilt doch für den Glauben. Wenn man glaubt, weil der andere beweist, daß er es wert ist, daß er die erwarteten Leistungen erbringt, dann handelt es sich nicht um Glaube. Dann wäre es ein gutes oder ein nachteiliges Geschäft und man könnte nach Belieben ein- oder aussteigen. Wenn man Hoffnung hat, weil eine Planungsinstanz, esoterisch oder exoterisch, vorrechnet, wieviel Chancen man hat, daß die Hoffnung erfüllt wird, dann handelt es sich ebenfalls um eine kaufmännisch bedingte politische Erwartung. Hoffnung aber, wenn die Lage tiefste Verzweiflung vorzeichnet, wo die Wahrscheinlichkeit der Erfüllung gleich null wäre, das würde Hoffnung heißen. Hoffnung wird mit Maßstäben des Unsichtbaren, eben aus der Qualität der Liebe, gemessen. Nicht umsonst werden Glaube, Liebe und Hoffnung in einem Atem genannt.