Altes Wissen

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Wenn ich mich in den Texten auf das Alte Wissen berufe, beziehe ich mich fast ausnahmslos auf die Weitergaben Friedrich Weinrebs, der den ca. 20.000 Seiten umfassenden Themenkomplex der jüdischen Mystik zeitlebens studierte und in die Sprache unserer Zeit übersetzte. Für ihn war es eminent wichtig, nichts hinzuzufügen oder hineinzuinterpretieren. Seinen eigenen Angaben zufolge stammen mind. 90% seines Gesamtwerkes aus diesen Quellen, die im Buch “Schöpfung im Wort” am Ende aufgelistet sind. Wer sich näher dafür interessiert wird dort fündig, fließendes Hebräisch und Aramäisch vorausgesetzt.

Zu Beginn war ich diesen überlieferten Texten gegenüber, bedingt durch meine fundamental-christliche Prägung, die auf dem buchstabengetreuen Verständnis der Bibel beruhte, skeptisch gesinnt. Mit den Jahren jedoch wurde mir immer deutlicher, dass die Bibel ohne diese Begleitschriften nicht verstehbar ist. Die rigorose Abspaltung des Christentums von seinen jüdischen Wurzeln hat dazu beigetragen, dass man sich selbst von der Wurzel abschnitt. Mittlerweile ist der Baum vertrocknet. Ein Blick in die Kirchen und Gemeinden zeigt, wie weit man vom Ursprung weggegangen ist. Trotzdem, und des bin ich Zeuge, findet jeder aufrichtig Suchende hin und wieder auch dort in diesen Kreisen und Gemeinschaften etwas Nahrung. Gott vermag, wenn es sein muss, auch Steine zum Leben zu erwecken. Es geht mir also keineswegs um die Diffamierung christlicher Gemeinschaften, sondern darum, dass man sich dort rückbesinnt zu den Wurzeln. Nur diese geben Halt und versorgen den Baum, der nunmal unterschiedliche Äste und Zweige hervorbringt. Das liegt in der Natur der Dinge.
Friedrich Weinreb wagte als junger chassidischer Jude den Blick ins Neue Testament. Diese Neugier zeichnete sein ganzes Leben aus. “Wenn man Neuem gegenüber nicht mehr offen gegenübersteht, ist man längst in Sodom eingezogen, wo man zu ist“, sagte er sinngemäß immer wieder. So las er die Evangelien, die Apostelgeschichte, die Paulusbriefe, und weiter bis zur Offenbarung, um festzustellen: “Das kenne ich doch alles schon. Warum hat man mich immer davor gewarnt?” Der Unterschied von ihm zu den sogenannten messianischen Juden ist, dass er die gesamte Bibel von unserem Zeitverständnis entkoppelt. Seinen Ansatz könnte man einen mystischen nennen. Selbst schreibt er dazu:

“Der Sinn der Einweihung in das biblische Wissen liegt für den Mystiker darin, dass er damit seine diesseitige Existenz mit seiner jenseitigen verbindet. So erst – und nur so – wird er ein ganzer Mensch. Deshalb ist das >Studium< der Bibel und des ganzen Komplexes der uralten Überlieferungen nur als heilige Handlung, also als ganzmachende, heilmachende zu verstehen und kann nur als solche Sinn haben.”
(Weinreb, Das chassidische Narrenparadies)

Er widmete sich in erster Linie der Innenwelt des Wortes, die das Wesen der Dinge beschreibt und Zusammenhänge offenbart, die im Christentum leider gänzlich unbekannt sind (ein Grund für die unendlichen Streitereien dort). Die Geschichtlichkeit der Bibel zweifelte er nicht an, maß ihr jedoch einen untergeordneten Charakter bei. Für ihn war wichtig, alles aus dem Wasser, sprich aus der Zeit, herauszuholen. Erst an Land, das für Ewigkeit in der Mystik steht, kannst du einen Weg gehen und die Dinge verstehen. Also, befreie die Mitteilungen aus dem historischen Verständnis, dann beginnen sie dich zu nähren. Dazu musst du aber selbst erst einmal herausgefischt werden … und genau das ist das Problem bei messianischen Juden: sie verstehen ebenso wie der Großteil ihrer christlichen Freunde die Verse der Bibel “an die Zeit geheftet”. Mit anderen Worten: gekreuzigt. Wer Erzählungen aus dem Ewigen in der Zeit festmacht, der kreuzigt sie. Davon erzählt schon der letzte Buchstabe im hebräischen Alphabet, die Taw. In den Hieroglyphen wird dieses Zeichen als liegendes Kreuz dargestellt. Sie hat den Zahlenwert 400. Weiter geht es im Materiellen nicht.

Die alten Weisen erklärten nichts, sondern erzählten nur Geschichten. Geschichten sind geschichtete Erlebnisse in Bildersprache. In der Bibel finden wir sehr viele Geschichten und man kann diese auf unzählige Art und Weise wiedergeben. Immer haben sie Neues zu berichten. So ist auch das Alte Wissen keineswegs alt, vielmehr lebt es aus der Verbindung mit dem Ursprung. Wenn wir es zulassen, erwecken wir durch diese uralten Mitteilungen die Verbindung zum Ursprung des Lebens in uns selber.