Das hebräische Wort für danken, jadah, 10-4-5, bedeutet in erster Linie „werfen“ und dann auch „nach oben projizieren“. Jadah beginnt mit dem Wort für Hand, jad, 10-4, und die Hand ist es, die das Werfen ermöglicht. Beim Werfen wird etwas mit Schwung in eine bestimmte Richtung geschleudert, eine Distanz wird überwunden. Werfen verbindet zwei Seiten, die nicht nah beieinander sind, zumindest nicht äußerlich. Danken verbindet und das wird auch im dt. Wort zum Ausdruck gebracht, denn hier kommt „danken“ von „denken (an)“. Durch wen ist es geschehen? Das ist die Frage nach der Ursache. Wir sehen nur schwer bis gar nicht hinter den Vorhang und so können wir letztlich nicht wissen, warum uns das eine zustößt und das andere nicht. Was wir sehen und erkennen gehört jedoch zum Weg des Sich-Manifestierens und diesen Weg soll der Mensch als von oben nach unten kommend erkennen, oder zumindest anerkennen.
In Lukas 17,12-19 ist von 10 Aussätzigen die Rede, die geheilt werden, doch nur einer kehrt zurück und bedankt sich. Der Dank drückt sich hier mit dem 10. Teil aus. 10% der Geheilten bedanken sich. Durch diesen Zehnten (Teil) wird die Verbindung nach oben hergestellt, so wie es auch in den Maßen der Arche Noachs zu finden ist. Die Höhe ist ein Zehntel der Länge (30 und 300 Ellen). Beim Zehnten in Maleachi 3:10 wird vom Fenster des Himmels gesprochen, das Gott öffnet, um den Segen herabzuschütten. Auch hier zeigt sich die Verbindung zwischen oben und unten.
Kommen wir noch einmal auf die Etymologie des Wortes jadah zurück. Beim Werfen kann man letztlich nicht wissen, wo das Geworfene gefangen wird bzw. landet. Es ist ein Wegschleudern auf Hoffnung. Beim Hochwerfen ist eines gewiss: Es wird wieder nach unten kommen, aber nur selten am gleichen Ort. Verdunstendes Wasser wird vom Wind hinweggetragen oder vielleicht sogar in einer Wolke aufgenommen, die sich später gemäß den Wind- und Druckverhältnissen durch einen Niederschlag entladen wird.
Das Meer, das für uns aufgrund des Salzgehaltes ungenießbares Wasser enthält, heißt auf Hebräisch jam, 10-40. Das an der Oberfläche verdunstende Wasser nennt man ed, 1-4; man kann ed mit Nebel, Dampf oder Dunst übersetzen. Ein Dunst ist sprachlich der Zehnte des Meeres, und er steigt auf. Etwas löst sich aus der Masse und man könnte sich fragen: Weshalb steigt dieser Dunst eigentlich nach oben? Ist das nicht widersprüchlich? Gut, wir kennen die Antwort: Die molare Masse von Wasser ist geringer als von Stickstoff, dabei nehmen die Moleküle nahezu den gleichen Raum ein. Das Verhältnis der Gewichtung (28,01 g/mol zu 18,02 g/mol) liegt interessanterweise sehr nahe am goldenen Schnitt (1,56 / 1,62).
Das aufsteigende Wasser des Meeres lässt das Salz unter sich und wird damit wieder süß und trinkbar. Der Mensch, der nur für sich behält, wird irgendwann ungenießbar. Er ist dann zwar gut konserviert, aber weniger lebendig.
Dieses Aufsteigen-Lassen bezieht sich auf alles, was ein Mensch geben kann. Gerade in Kreisen, die sich auf die Bibel berufen, wird oft der Zehnte leider nur auf das Finanzielle begrenzt. Aber Gaben und Talente sind so vielfältig wie das Leben selbst. Wenn eine Generation ihre Erfahrungen und Erkenntnisse nicht an die nächste weitergibt, wird letztere wieder von vorne beginnen müssen. In bestimmten Bereichen ist also das, was nicht weitergereicht wurde, unwiederbringlich verloren.
Mit dem Zehnten, worin sich auch der Dank ausdrückt, ist nicht ein Rechnen und Zählen im äußeren Sinne gemeint. Das Zählen im Äußeren könnte schnell in ein Gefühl der Pflichterfüllung münden, ein Weg der geeignet ist, eine Beziehung aus Liebe erkalten zu lassen. Vielmehr geht es darum, dass das Zeitliche aus dem horizontalen Fließen einen Winkel in die Senkrechte nach oben macht, und aus der Schwere, der Enge und der Ungenießbarkeit befreit wird. Dieser Winkel zeigt sich auch in der Anordnung von Daumen (1) und Fingern (4). Bei einer gesunden menschlichen Hand kann der Daumen in einem 90-Grad Winkel zu den Fingern abgespreizt werden. Dieses Muster erkennt man auch bei der ersten Nennung des Wortes „Danke“ in der Bibel. Es ist eine Frau, die sich im 831. Vers in 1. Mose 29:35 zum ersten Mal bedankt. Der Vers beginnt mit dem 11044. Wort der Bibel und es geht um die Geburt Jehudas, ihres 4. Sohnes. Leah bedankt sich nicht bei Jakob, obwohl er doch auch an der Entstehung des Sohnes beteiligt sein musste, sondern bei Gott (JHWH). Zum Zeitpunkt als der VIERTE durch die EINE in Erscheinung tritt, kommt ihr Dank zum Ausdruck. Neues konkretes Leben kommt ausschließlich durch die Frau in den Zeitfluss. Sie stellt die Verbindung zwischen oben und unten her, deshalb spricht man bei einer Schwangerschaft auch von einer Gravidität (lat. gravis bedeutet „schwer“), also ein „in die Schwere bringen“ und bei einer Geburt von einer Niederkunft. Und was die Frau gebiert und herunterbringt, soll der Mann wieder aufsteigen lassen. Wörtlich können wir es bei Abraham lesen, der in 1. Mose 22:2 gesagt bekommt, dass er seinen Sohn, den er liebt, aufsteigen lassen soll*. Auf uns übertragen könnte man sagen, dass das, was durch unser Handeln konkret wird, eine Emanation aus einer anderen Welt ist, die „über“ uns ist. Das Männliche bei uns allen ist das Sich-Erinnern, das Gedenken daran, woher alles kommt, man könnte sogar sagen woher alles hierher „fällt“.
Verfolgen wir das Danken in der Bibel finden wir es in der Verwendung in über 100 Fällen fast ausschließlich auf Gott bezogen. Nun begegnet uns Gott aber indirekt durch Menschen und genau hier liegt der Knackpunkt: Kann ich als Empfänger des Dankes den Winkel in mir selbst „aktivieren“ und nach oben weiterleiten oder gebe ich mir selbst die Ehre und verhindere damit zugleich (m)ein Aufsteigen, denn Ehre ist im Hebräischen doch identisch mit Schwere [kavod / koved, 20-2-(6)-4]. Geben wir Gott die Ehre, geben wir ihm auch die Schwere, das Gewicht und machen es uns leicht. Danken bringen wir durch Handeln zum Ausdruck, das „unüblich“ ist bzw. dem Fließen der Zeit nicht unbedingt entspricht. Es ist das Handeln auf Hoffnung im Interesse des Nächsten (werfen!), denn das Tun umsonst ist das einzige Tun, das nicht umsonst ist.
*alah, 70-30-5, bedeutet aufsteigen, nach oben gehen.