Ein König hatte einen Sohn, der dermaleinst sein Nachfolger werden sollte. Allein dem Sohn missfiel der Palast und die dortigen Gepflogenheiten. Als er ein gewisses Alter erreicht hatte, sprach er zu seinem Vater, dem König: „Es tut mir leid, dass ich deinem Wunsch nicht entsprechen kann, aber mein Interesse gilt der Ferne und der Welt da draußen.“ Der König war nicht erfreut, wollte ihn aber auch nicht zwingen zu bleiben, und also sprach er: „Ich werde dich nicht zurückhalten, aber wisse, dass du nie wieder zusammen mit mir in diesem Palast sein wirst, die Tür wird für dich, nachdem du sie durchschritten hast, für immer verschlossen bleiben.“
Am folgenden Tag machte sich der Sohn auf und folgte seinem Bedürfnis nach Freiheit. Nachdem nicht nur er, sondern auch die Zeit ins Land gegangen war, beschlich ihn immer mehr das Gefühl der Fremde. Nichts war vertraut und so sehr er sich auch mühte, es wurde nicht vertrauter. Die Menschen, mit denen er umgeben war, sahen, wie sein Leiden sich mehrte. Sie fragten ihn, weshalb er nicht dorthin zurückkehre, woher er gekommen sei. “Nein, das geht nicht mehr“, sagte er traurig, “ich habe gedacht, ich gehöre dort nicht hin und jetzt muss ich einen hohen Preis dafür bezahlen.” Das hörte ein Bote, welcher sich aufmachte, den König in seinem Palast aufzusuchen und ihm vom Ergehen seines Sohnes zu berichten.
Die Hofbeamten waren auch zugegen und hörten dem Bericht des Boten zu. Gleich darauf warfen sie ein: “Jenem ist es nicht erlaubt, zurückzukehren; des Königs Wort kann nicht aufgehoben werden.” Der König wurde betrübt, denn ihn gereute, was er gesagt hatte. Aber seine Beamten hatten recht, niemals konnte er einen Erlass, den er selbst gegeben hatte, aufheben – er war der König und sein Wort galt für alle Zeit.
Doch was gilt das Wort, wenn es das Unglück befestigt? Am nächsten Tag rief er das ganze Hofgesinde herbei und sprach: „Ihr wisst, was ich zu meinem Sohn gesagt habe, nämlich dass es unmöglich ist, hier in diesem Palast wieder zusammenzukommen. Drum weise ich euch hiermit an, diesen Palast, für den das Wort betreffs meines Sohnes gilt, niederzureißen und einen neuen zu errichten, für den das Wort nicht mehr gilt.“ „Wie kann der König so etwas fordern?“, klagten sie. Aber es half nichts. Auch dieses Wort galt und konnte nicht zurückgenommen werden. So wurde alles abgerissen und neu errichtet.
Der König wies einen Boten an, seinen Sohn zu suchen, um ihm mitzuteilen, dass er sich nach ihm sehne und er ihn feierlich in seinem neuen Haus empfangen will. Der Bote fand den Sohn schließlich und brachte ihn zu seinem Vater in den neuen Palast, wo sie sich weinend in die Arme fielen und empfanden, dass nicht nur der Palast erneuert wurde.
Erlösung ist nichts anderes als die Heimkehr dorthin, woher wir gekommen sind. Das Urteil ist aufgehoben, der Preis längst bezahlt. Alles ist neu und doch so vertraut.