Ein Mann kommt an das Ufer eines großen Flusses, den er überqueren musste. Es gab keine Brücke. Alles, was er hatte, waren ein paar Silbermünzen in seiner Hand. In der Hoffnung, den Fluss zum Stillstand zu bringen, warf er eine Münze nach der anderen in den Fluss, doch das Wasser ließ sich davon nicht beeindrucken; es floss einfach weiter und machte es dem Mann unmöglich, das andere Ufer zu erreichen.
Als nur noch eine Silbermünze übrig war, schaute er sich um und entdeckte einen Bootsmann, dessen Boot geeignet schien, ihn an das andere Ufer zu bringen. „Ich zahle dir eine Silbermünze, wenn du mich mit deinem Boot auf die andere Seite bringst“, sagte er dem Bootsmann. Dieser willigte ein und so war die letzte Münze zugleich die einzige, die ihn sein Ziel erreichen ließ.
Diese letzte Münze, so heißt es, ist die Tschuva (תשובה), die Umkehr, die jedem Menschen übrig bleibt, auch wenn alles andere untergegangen ist. Paradoxerweise ist es die Umkehr, die einen Menschen auf die andere Seite bringt und nicht seine Motivation oder seine Kraft. Die anderen Münzen sind unsere Talente, unsere vermeintlichen Verdienste und Errungenschaften, von denen wir dachten, dass sie uns wirklich helfen könnten, aber sie versinken alle im Fluss der Zeit ohne irgendeine Wirkung für den, der sie besessen. Das Erreichen der anderen Seite bedeutet auch, dass es dann kein Zurück mehr gibt. Man steht dann mit leeren Händen am anderen Ufer und es gibt hernach nur noch eine Richtung: weg vom Fluss der Zeit hin zur Ewigkeit, wo sich niemand mehr für Silbermünzen interessiert. Auf der anderen Seite zählen andere Werte:
Wo konnte ich helfen? Wann waren andere wichtiger für mich, als ich es mir selbst war? Habe ich je versucht, hinter den Vorhang des Vergänglichen zu schauen?
Eine Tschuva ist wie eine Schwangerschaft: entweder ganz oder gar nicht. Ein wenig schwanger sein ist ebenso unmöglich wie ein wenig umkehren. Alles beginnt mit der Stellung der wirklich wichtigen Fragen. Richten sich unsere Fragen auf Vergängliches oder Unvergängliches? Sobald wir erkennen, dass es darum geht, das Unvergängliche zu erreichen, stehen wir an diesem Fluss, der beide Seiten voneinander trennt.
(Geschichte nach Yismach Moshe, Nitzavim 1:9)