Das Volk (Israel) musste aus Ägypten befreit werden. Aber man erkannte nicht, dass die Umstände gegen die sie sich wehrten, zur Erlösung gehörten. Geschichten von selbst arrangierten Befreiungen erzählen uns, dass sie in enormen Debakeln endeten. Man denke an den Exodus der Kinder von Ephraim, der in einer Katastrophe endete. Die ganze Geschichte dieser Befreiung ist typischerweise so, dass Gott sie bis in die kleinsten Details hinein tatsächlich arrangiert hat, sogar bis zur Wahl des menschlichen Anführers, und dass der Mensch genau genommen nur völlig passiv anwesend dabei war.
So wie diese erste Befreiung im Buch Exodus erzählt wird, sind auch alle echten Befreiungen. Wenn der Mensch denkt, dass er wirklich die Ärmel hochkrempeln muss, um die Sache in Angriff zu nehmen, wenn er bewusst etwas unternimmt und sagt, dass Gott ihm im Kampf um die Befreiung helfen wird, ist der Kampf um die Befreiung immer eine schwierige Sache. Echte Befreiung kommt immer auf den Menschen zu, wird über ihn ausgegossen und ist nichts anderes als etwas, das er einfach nur annehmen muss; sie ist nicht etwas, das der Mensch erfindet und ausführt. Genauso ist die endgültige Befreiung etwas, wofür der Mensch nicht viel tun muss, ja nicht einmal tun kann, weil er mit all seiner Weisheit und Einsicht nicht verstehen kann, wie, warum und wann sie kommen muss. Es wird erzählt, dass Aschers Tochter Serach wusste, wann die Befreiung aus Ägypten kommen würde, was impliziert, dass ein Wissen um den wahren Zeitpunkt der Befreiung tatsächlich vorhanden sein kann. Trotzdem blieben alle aus dem Stamm Ascher passiv. Sie sagten nur: „Das ist der richtige Name und das sind die richtigen Worte für die Befreiung“. Mose zitierte dann die Worte, die Josef gesagt hatte, damit Gott sich an sie erinnert.
Ascher ist der 8. Sohn Jakobs und seine Tochter ist einfach typisch für die Welt des 8. Tages, wie sie sich im Leben von Serach zu dieser Zeit ausdrückte.
Die endgültige Befreiung kommt also auf eine Art und Weise, bei der sich der Mensch gewissermaßen auflehnt und bei der alles logisch darauf hindeutet, dass die Befreiung weiter entfernt ist, als sie jemals auch nur in den kühnsten Vorstellungen hätte sein können. Aber das Gegenteil ist der Fall: Es ist eine ganz klare Darstellung der Situation zwischen Gott und dem Menschen, nämlich der Mensch in seiner völligen Verderbtheit, in seiner zersplitterten Kleinheit, und gegenüber Gott, der alles bis ins kleinste Detail regelt.
Freie Übersetzung eines NL-Artikels F. Weinrebs