Die Generationen hängen in ihren Schicksalslinien stärker zusammen, als es auf den ersten Blick scheint. Am Beispiel der Geschichte Jakobs und dessen Sohn Joseph sehen wir eine solche Verquickung, bei der es am Ende um etwas geht, das man sich zunächst ganz anders vorgestellt hatte.
In dieser Schilderung geht es nur um einzelne Punkte, die wie Steine im Wasser eines Flusses liegen, aber genau dadurch eine Überquerung ermöglichen.
Jakob, der nie etwas gegen seinen Bruder Esau hatte, muss schließlich vor ihm fliehen. Bei seinem Onkel Laban trifft er auf genau den Charakter, vor dem er gerade geflohen war, denn Laban und Esau sind sich sehr ähnlich. Das ist auch der Grund, weshalb Laban seinem Neffen Jakob anfangs nichts bezahlt, sondern ihn zunächst einmal probehalber arbeiten lässt. Laban war zu Ohren gekommen, dass Esau ein belastbarer Arbeiter war, aber Jakob lieber im Zelt blieb und lernte. Diese Sorte Mensch verachtete Laban.
Das Gefühl, irgendwie am falschen Ort gelandet zu sein, setzte Jakob unter Druck. 2 x 7 Jahre dient er für Rachel. Nach den ersten 7 Jahren wird er von seinem Schwiegervater betrogen, bekommt Leah und danach dient er nochmals 7 Jahre für Rachel. Wenn 14 Jahre voll sind, erscheint Joseph.
Dann erlebt Joseph die 6 Jahre mit, in denen sein Vater sich um die Tiere kümmert und dann folgen weitere 2 Jahre, über die die Bibel schweigt. Nach 22 Jahren begegnet Jakob wieder seinem Vater Isaak. Jakobs Mutter war zwischenzeitlich gestorben. Er sah sie, als er ihrem Wunsch nachkam, zu ihrem Bruder zu fliehen, zum letzten Mal. Joseph ist bei der Rückkehr zu Isaak 8 Jahre alt.
Das Jahresmuster wiederholt sich jetzt in Josephs Leben. Obwohl er sich nichts zuschulden kommen ließ, wurde er verraten und nach Ägypten verkauft. Auch er landet vermeintlich am falschen Ort.
Vom Verkauf, über die Dienstjahre im Hause Potiphars bis zum Ende seiner Gefangenschaft sind es auch 14 Jahre – jetzt erscheint er vor dem Pharao. Als sein Vater Jakob 14 Jahre gedient hatte, erscheint Joseph vor ihm (durch seine Geburt).
Dann wird er zum Melech Mizrajim (König Ägyptens) und 8 Jahre später trifft er auf Jakob, seinen Vater. Josephs Mutter Rachel war bei der Geburt seines jüngeren Bruders Benjamin gestorben. Wieder trifft der Sohn nur auf dessen Vater, genau wie bei Jakob und Isaak. Beide Male dauert die Trennung 22 Jahre, was als Spiegel zum hebräischen Alphabet verstanden wird. Der 14. Buchstabe ist die Nun und der 8. Buchstabe ist die Cheth. Zusammen ergeben sie entweder das Wort Noach (Trost / zur Ruhe kommen) oder Chen (Gnade).
Außenstehende könnten sagen: Oh, sein Leben ist nicht optimal verlaufen. Oder: Wie konnte so etwas nur passieren, haben da nicht die Eltern versagt? Sind wir hier, dass unser irdisches Leben optimal verläuft? Und wenn ja, aus wessen Sicht und was versteht man eigentlich unter „optimal“? Trost und Gnade sind kein billiges Zurufen von Versen oder Weisheiten, sondern an – man muss hier sagen – knallharte Schicksale geknüpft, die man keinem Menschen wünscht. Die Bibel schildert die ganzen Bewegungen dieser Schicksale über viele Kapitel sehr ausführlich, als wollte sie sagen: Wenn du Gnade begreifen willst, wenn du Trost erfahren willst, dann befasse dich mit diesen Schicksalen und achte darauf, wie sie enden.
Das 14. Zeichen, die Nun (נ) hat den Zahlenwert 50, die für das Erreichen des 8. Tages steht. Hieraus wird noch einmal die Verbindung von der 14 und der 8 im Leben Josephs deutlich. Zählen wir die ersten 14 Zeichen des Alphabets mit ihren Zahlenwerten zusammen, erhalten wir 195. Machen wir das auch mit den 8 folgenden Zeichen, ergibt sich die 1300 als Summe. Aus der „Sicht des Alphabets“ besteht zwischen diesen beiden Werten ein Verhältnis von 6,66 (1300 : 195). Der 8. Tag, der Tag der Erlösung, wenn der Sohn sein Regiment über die Welt antritt, und auch der Vater in die Welt kommt, in der der Sohn gebunden war, offenbart etwas von sich in einer Familiengeschichte, die aus menschlicher Sicht als höchst problematisch eingestuft würde.