Geteilte Zungen und Ausgießung des Geistes

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»Und es erschienen ihnen geteilte Zungen (…)«, so lautet es in Apostelgeschichte Kap. 2, Vers 3. Im griechischen Original steht für »geteilt« diamerizo (διαμερίζω), das sowohl mit zerteilen als auch entzweien übersetzt werden kann. Die Zunge ist nun befähigt, die Vielseitigkeit der Sprache auszudrücken. Sie ist imstande, der Freiheit des Geistes zu folgen, der hin- und hergeht und sich nicht in Eindeutigkeit fangen lässt. Im Alten Wissen sind die Vokale, für die es im Hebräischen keine erscheinenden Zeichen gibt, dem Geist (ruach) zugeordnet. Vokale erst machen ein Wort hörbar. Nur in der Freiheit der Vokale bewahrt die Sprache ihre Vielfältigkeit. Man könnte auch sagen: Sie erhält dadurch erst ihre Farbe, die sie befähigt, feinste Nuancen zu artikulieren. 
In Apostelgeschichte 2 folgt dann ein Zitat aus dem Propheten Joel, Kapitel 3 Vers 1:

Und danach wird es geschehen, dass ich meinen Geist ausgießen werde über alles Fleisch;

Ein seltsamer Ausdruck: »Meinen Geist ausgießen.« Auch in der Bibel wird ausgießen bis auf wenige Ausnahmen nur für Flüssigkeiten verwendet. Aber, einen Geist ausgießen? Das hebräische Wort hierfür ist schaphach, 300-80-20, in der Summe 400. Der Vers erzählt somit im Verborgenen »Ich bringe meinen Geist in die 400.«, und das ist das Wunder. Steht doch die 400 für die Gefangenschaft in Zeit und Raum, biblisch dargestellt durch Ägypten. Das dt. Wort Geist bedeutet von seiner Wurzel her erschrecken, und erschrecken wiederum stammt von springen. Dass die Engländer den Frühling spring nennen, kommt daher, weil in dieser Jahreszeit die Knospen (auf-)springen. Die Natur erwacht zu neuem Leben. Ist das nicht ein herrliches Bild für Pfingsten, welches in unserem Sprachraum auch im Frühling stattfindet?

Mit dem ausgegossenen Geist wird sprachlich etwas ausgedrückt, das uns springen lässt, begeistert, belebt und erblühen lässt.
Menschen, die diesen Durchbruch zur 50 im Bild von Pfingsten erleben, haben in ihrer Rede dieses Feuer, das das Inwendige des Hörers entflammen kann; das einerseits mitreißt, andererseits aber auch, wie es in Apg. 2 Vers 37 heißt, »das Herz durchdringt«, sodass man aus der Passivität aufwacht und fragt (ebd.): »Was soll ich tun?«

Wie es auch von Jesus gesagt wird (Mark. 1,22):

»Und sie erstaunten über seine Lehre; denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat, und nicht wie die Schriftgelehrten.«

(Deren Reden konstruiert und tot in sich selbst sind. Nichts wird dadurch belebt.)