Friedrich Weinreb in Traumleben IV
Sobald wir spüren, dass unser Leben Ewiges enthält, beginnt der Brunnen zu fließen. Es wird dann eine Realität, was sonst nur im Traum, in der Vorstellung da ist. Es manifestiert sich im Traum des Alltags als rettender Zufall, als überraschende Wende zum Guten. Der Zufall ist eine Kraft, die aus uns selbst hervorkommt, wir bringen den rettenden Einfall gleichsam selbst zustande. Es handelt sich nicht um ein Schicksal außerhalb von uns, das sozusagen blind eingreift, wie wir meist glauben. Alle Momente unseres Alltagslebens, in denen wir etwas vom Atem der Ewigkeit spüren, in denen das Glück uns berührt, sind die Zufälle, die unseren ewigen Leib bauen. In solchen Momenten bist du gleichsam mit deinem Kopf über Wasser für kurze Zeit — gleich aber schlagen die Wasser wieder über dir zusammen, und du weißt nicht mehr, was geschah. Es entzieht sich dir sofort wieder. In der Hetze des Alltags bist du vom Wasser überschwemmt und vergisst alles. Was sich aber offenbart, zeigt sich im Bild. Darin verborgen wartet es auf dein Erkennen. Deshalb erzählen wir so gern hier Geschichten in der Hoffnung, ein Hörer oder Leser werde dieses oder jenes in ihnen erkennen. Damit erlöst er die Funken des Ewigen, die in ihnen eingeschlossen sind, und erlöst zugleich das Kleid, das den Funken umhüllt. Er erlöst die Frau, die für den Mann und das Haus des Mannes gesorgt hat.
Wenn dir ein glücklicher Zufall zustößt, dann bist du es wert, dass es dir so geschieht, nicht nach den Maßstäben des Verdienstes, sondern nach dem Maß deiner Sehnsucht, deiner Verzweiflung, deiner Einfalt, deiner Hoffnung. Sehr vieles kann Ausdruck deiner Sehnsucht nach Beziehung sein, z.B. auch die Art, wie du dich über ein Unrecht erregst.