Judas – Jehuda

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Einige Aspekte, Zitate und Gedanken zu Jehudah im Alten und Judas Iskarioth im Neuen Testament.

Der Name Judas ist die griechische Version von Jehudah. Im Alten Testament wird er nach Ruben, Simon und Levi als vierter Sohn der Leah geboren. Dieser Jehudah zeigt die gleichen Muster wie der neutestamentliche Judas Iskarioth, der stets mit diesem Beinamen im NT erwähnt wird. Einerseits trägt er im Hebräischen den Namen Gottes JHW(D)H, ergänzt durch eine Daleth, in sich, andererseits ist ausgerechnet er der Verräter. Bei seiner Geburt sagt seine Mutter: »Nun will ich den HERRN preisen! Darum hieß sie ihn Jehudah« Der Name stammt von Hod, 5-6-4, und bedeutet Herrlichkeit, Pracht sowie Dankbarkeit. Der Beiname im NT Iskarioth ist direkt aus dem Hebräischen übernommen. Dort lautet er »Isch Krioth«. Isch ist Mann und Krioth hat mehrere Bedeutungen:

1. Von Kriah, 100-200-10-5, »Vorort«. Ein Vorort ist immer außerhalb des Zentrums. In dieser Hinsicht könnte man sagen: Judas, der Mann von außerhalb bzw. der, der nichts vom Zentrum weiß oder nicht dorthin kommt.

2. Zitat Weinreb:

»Kriah« bedeutet »Riss«, und »krioth« ist die Mehrzahlform dieses Wortes. Ein diesem »Reißen« sehr nah verwandtes Wort im Hebräischen hat die Bedeutung »abschneiden«, auch als »ausrotten« gemeint. Dieser Judas-Jehuda ist also, vielbedeutend, »der Mann des Risses«, des Abschneidens, des Ausrottens. Am Ende ist er auch, wie die Apostelgeschichte 1,18 erzählt, »mitten entzwei geborsten«. Daraus wird klar, was mit Jehuda geschieht, wenn in ihm der Riss ist, wenn er sich abschneidet oder abgeschnitten wird von seiner Wurzel, von seinem Wesen. Das Zeitliche bleibt dann allein zurück. Es ist eben die Würde des Jehuda, dass er als Ganzer, als Einheit, die Reihe fortsetzt. So ist Jesus Jude und so meint er auch, dass das Heil, besser übersetzt, die »jeschua«, die Hilfe, die Rettung, von den Juden, den Jehudim, sei (Johannes 4,22). Gerade nicht ein Abzielen auf das Äußere, sondern das Empfinden vom Vater im Himmel in Ewigkeiten. Es kommt also zu jenem Judas, wenn Jehuda der Mann des Risses wird. Judas hat das Äußere von seiner Quelle abgeschnitten. Ohne Beziehung zur Wurzel ist das Äußere nicht nur sinnlos, sondern verführt dann auch fast automatisch zu Aggressionen, die das göttliche Antlitz des Menschen, sein göttliches Inneres, verwüsten. Dann geht auch die Wohnung Gottes im Menschen in die Verwirrung.
(Innenwelt des Wortes)

Im AT erhält Jehudah mit seinen Brüdern, die allesamt nicht auf Josephs Seite stehen, für den Verkauf 20 Schekel. Schekel, 300-100-30, hat den Wert 430, ebenso wie Nephesch, 50-80-300, die Leibseele. Und genau so wird Jehudah in der Überlieferung gesehen: Er repräsentiert die Nephesch – Joseph die Neschamah, die göttliche Seele, die Juda nicht anerkennen will. Im NT steht Jesus für Joseph. Beide widmen sich dieser Welt, sind für sie da (Zeichen bei Joseph: der kethonet passim, der bunte Rock – bei Jesus: die Zuwendung zu allen hin, nicht nur zu den Juden).

Jehudah hatte nach Weinreb folgendes Problem:

Gen. 37,2: »Joseph (…) war als Knabe bei den Söhnen Bilhas und Silpas, der Weiber seines Vaters; und Joseph brachte die Klagen über sie vor ihren Vater.«

Nach Weinreb sah Jehudah die Söhne der »Nebenfrauen« als »B-Ware« bzw. »Mängelexemplare« an. Kind einer Magd… wer oder was ist das denn ?!

Judas möchte es exklusiv: Nur wir mit unserer bzw. meiner Meinung, meiner Gruppe / Kirche / Land / Stadt … zählen. Nach Weinreb hatte Jehudah kein Gehör für Josephs Schluchzen. Er kannte kein Mitleid. Ähnlich und seltsam zugleich: Im NT will Judas angeblich Geld für die Armen geben, gleichzeitig wird von ihm gesagt, er sei ein Dieb.

Joh. 12, 5 und 6: »Warum ist diese Salbe nicht für dreihundert Denare verkauft und den Armen gegeben worden? Er sagte dies aber, nicht weil er für die Armen besorgt war, sondern weil er ein Dieb war und die Kasse hatte und trug, was eingelegt wurde.«

Judas ist der Kassenwart. Das ist ein direkter Hinweis auf das Kaufmännische, das im Reich Gottes keinen Platz hat. Kassieren und Bezahlen hat mit Eigentum zu tun. Im Geistlichen gibt es kein Eigentum [wem gehört der Wind?], weshalb der Begriff »Kasse« bereits als Diebstahl gesehen wird (siehe dazu Weinreb in »Der Weg durch den Tempel«, Seite 359).
Weinreb an anderer Stelle über Diebstahl:

Nacht ist gleich Welt in der Verbannung. Sie erlaubt nur blindes Umhertasten, Schlafen und Träumen, unbewußtes Handeln. Alles will sie in ihren vernichtenden Sog einbeziehen, wie Laban, der darauf aus ist, alles zu verderben. Die Entwicklungskraft, das Ra (Böse), die Schedim (Dämonen), sind nächtliche Phänomene. Darum ist die Nacht die Zeit der Din, der strengen, ausgleichenden Gerechtigkeit: Das Schwache wird ausgemerzt, das Harte setzt sich durch. Wer sündigt, geht unter. So lautet das Gesetz Labans, und die Nacht bewirkt, daß Verwirrung und Verfinsterung einsetzen, daß Betrug, Verleumdung und Diebstahl aufkommen.
(Leben im Diesseits und Jenseits)

Obwohl Jehudah in seinem Namen das »Gott loben« hat, verhält er sich genau umgekehrt. Er denkt und rechnet (siehe unten). Die Währung sind Denare, sicher auch kein zufälliger Name. Das hebräische »din« bzw. »dan« meint »urteilen« / »richten« (bekannt vom Namen Daniel = Gott ist mein Richter). Mit der 300, nach Weinreb immer das Zeichen für den 21. Buchstaben, die Schin, bewertet er die Salbung. Die Schin bedeutet Zahn. Mit unseren Zähnen zerkleinern wir das was wir in uns aufnehmen in Stücke, die wir schlucken können. Essen, achol, 1-20-30, wird auch als »alles zur Eins bringen« gelesen. Die 20 (kaf) und die 30 (lamed), ergeben im Hebräischen zusammen das Wort »chol«, alles. 20 und 30 sind die Wertangaben, die im Alten und im Neuen Testament für den Verrat erhalten werden. Diese Kombination sieht Weinreb als Einheit und dafür an, dass letztlich »alles« verraten wird.
Die Narde aus Mark. 14 und Joh. 12, hebr. nerd, wird auch in Hohelied 4,14 erwähnt und schreibt sich 50-200-4. Der Atbaschwert von nerd ist identisch mit dem Atbaschwert von maschiach (Messias), nämlich 112. Die Narde »erzählt« schon die Verbindung zum Messias. Die Frau, die Erscheinung, erkennt den Messias und dessen wirklichen »Wert«. Sie ist bereit, das Gefäß zu zerbrechen. Salbung, das was aus Jehoschua / Jesus erst den Christus macht, kann erst durch einen Zerbruch des eigenen Gefäßes geschehen.

Dass Judas die Salbung vorenthalten möchte und deren Wert mit »300« beziffert, ist ein direkter Hinweis auf seine Zerrissenheit. Die Schin (300) kann auch als Sin mit dem »linken« Charakter gelesen werden. Mit diesem Buchstaben wird auch »Satan« geschrieben, und genau der fährt doch in ihn (Joh. 13,27). Obwohl er das Rechte, Richtige, Inwendige kennen sollte, verhält er sich »links«, handelt also ausschließlich nach äußerem Urteilen.

Bei Saulus bspw. wird bei der Namensänderung die Schin weggenomen und durch den Buchstaben Peh ersetzt – Wandlung von Saulus zu Paulus (Saulus ist die griechische Form von hebräisch Schaul, deshalb “sch”).

Und Judas Ischarioth, einer von den Zwölfen, ging hin zu den Hohenpriestern, daß er ihn an sie verriete. Da sie das hörten, wurden sie froh und verhießen, ihm Geld zu geben. Und er suchte, wie er ihn bei guter Gelegenheit verriete. (Mark. 14,10 ff)

“Ischarioth, das ist eine Verballhornung des hebräischen »isch kriot«, ein Mann von Kriot. Kriot ist der Name eines biblischen Ortes, der »zerreißen « bedeutet. Es ist die Verbindung vom Ewigen mit dem Profanen, die dieser Mann zerreißen will. Jesus im Ewigen, sagt er, das ist schon gut, dafür haben wir alle Theorien und Glaubenspunkte schon bedacht und schön formuliert. – Aber es geht um dich, ist es wahr bei dir, jetzt und hier? Die Frage gilt dann. Er kommt und sagt: Ich kann euch den ausliefern. Das Verraten ist ein Veräußern: ein Inneres nach Außen bringen. Die Wahrheit der Ewigkeit gilt als irgend ein Postulat im Zeitlichen. Man redet und philosophiert über Ewigkeit. Ewigkeit aber ist dein Leben, das  bist du selber, darüber kannst du nicht philosophieren. Was bedeutet dieses Ewige – das Sein, »howe«, der Name des Herrn – bei dir? Ist es in Wahrheit bei dir, das Ewige? Ein Gefühl hier: Ich kann ihn verraten, bedeutet, ich veräußere jetzt das Innere. Was wir auch in der Zeit sehen, daß er ihn veräußert hat, verkauft, das heißt, er bekommt Geld von denen, es ist eine mathematische Gleichung, ein Naturgesetz, das sich irgendwie erklären läßt. Man kann es eben nicht erklären, es ist ein Glaube. Judas, der »isch kriot«, ist der große Versucher im Menschen. Gern deuten wir mit dem Finger auf ihn – warum nicht wir selber? Er ist doch bei uns auch dabei, einer doch nur von den Zwölf. Was bedeutet es, daß der bei dir da ist, der zerreißen möchte? Der das Gefühl hat: Es kann doch nicht sein!? Er ist nicht böse in dem Sinne, daß er ihn überhaupt ablehnt, sondern sein Böses ist: sein Glaube, daß das Erscheinende das Ewige trägt, ist zu klein, sein Glaube, daß eine Einheit ist, daß er, Jesus, erscheint. Wenn er erscheint, dann soll er hier kämpfen, aber nicht so reden. Doch Reden bedeutet: vom Wort her, das ewig ist, kämpfe ich. Ich kämpfe anders, nicht mit Waffen, die man hier braucht. Judas aber will, daß man hier kämpft, deshalb will er ihn verraten.”
(Weinreb in “Das Markus-Evangelium”)

Judas historisch? Das ist eine Geschichte, die bis heute die kontroversesten Diskussionen hervorruft. Weinreb benennt es in einem Vortrag einmal auf seine Weise (sinngemäß): »Jehudah wäre der perfekte Geistliche, der mit Stolz auf sich zeigen könnte: >Hey, schaut mal alle her und seht wie fromm ich bin!< « Doch bricht ihm Gott diesen Stolz. So wird der von dem man meinen könnte, »Er ist es«, zum Veräußerer. Nicht zuletzt sehen wir dieses Phänomen auch bei den Schriftgelehrten und Pharisäern. Eigentlich müsste man doch von ihnen erwarten können, dass gerade sie Träger aller Geheimnisse sind. Auch bei diesen existiert die Gespaltenheit zwischen dem was sie sagen und dem, was sie tun.

Alles nun, was irgend sie euch sagen, tut und haltet; aber tut nicht nach ihren Werken, denn sie sagen es und tun es nicht. (Matth. 23,3)

Desgleichen bei Judas / Jehudah: Im Namen ist er der, aus dem der Messias kommt, nach dem Handeln ist er der Anti-Messias. Der Zahlenwert von krioth weist direkt darauf hin: 100-200-10-6-400 = 716 = 2 x 358. Die 358 ist doch der Wert sowohl von maschiach, 40-300-10-8, wie auch der Schlange, nachasch, 50-8-300. Er enthält, so gesehen, den Messias und die Schlange als Antichrist in sich selbst.

Judas Iskarioth, der Zerrissene und der aus dem Vorort, der anderen gegenüber überheblich ist – das sind wir in unserer Divergenz zwischen Reden und Handeln aufgrund unseres Nicht-Vertrauens, welches eine Überheblichkeit in uns anderen gegenüber hervorruft; also, vielleicht gar nicht so weit weg, der Judas.

Genau dieser Verrat aber bringt es dazu, dass überhaupt erst das Wunder von Tod und Auferstehung bei uns stattfinden kann. Und das ist das Geheimnis. Ebenso bei Jehudah und Joseph: Nur durch den Verkauf nach Ägypten kommt es zum Überleben aller. Worin liegt jetzt die Schuld?

Gen. 50,20: Ihr gedachtet zwar Böses wider mich; aber Gott gedachte es gut zu machen (…)

Das Wort, welches hier mit »gedachtet« und »gedachte« übersetzt wird, lautet hebräisch chaschaw, 8-300-2, und bedeutet auch: denken, rechnen, machen. Also genau das, was Judas in Joh. 12 mit der Narde macht. Doch Gottes »Berechnung« kehrt die Berechnung des Menschen um. Das »aber« in Gen. 50,20, das so gerne in Predigten betont wird, steht im Hebräischen nicht da. Wörtlich lautet der Versteil: Und ihr gedenkt / berechnet Böses über mich; Elohim gedenkt / berechnet zum Guten. Das »über mich« lautet alaj, 70-30-10, und kann auch »mein Joch« gelesen werden. Somit würde der Vers, etwas freier gelesen, aussagen: Ihr macht mein Joch böse – Gott kehrt es zum Guten um. Aus dem drückenden Joch wird ein aufsteigendes.

Judas im Menschen ist das vernunftgemäße Handeln, welches durch Gottes »Denken« eine Umkehrung erhält. Wenn man so will, ist es eine Entsprechung zur Ausscheidung des Menschen, dem Fäzes bzw. seinem Fazit, das er in die Erde geben soll (Deut. 23,14):

“Und du sollst eine Schaufel bei deinem Gerät haben; und es soll geschehen, wenn du dich draußen hinsetzt, so sollst du damit ein Loch graben und sollst dich umwenden und deinen Kot zudecken.”

Was aus dem Menschen ausgeht ist ein Geheimnis. Gott kennt es.

»Das Verborgene ist für den Herrn, unseren Gott, das Offenbare ist für uns und unsere Kinder« (Deut. 29,28).

Die Erde wandelt es und macht daraus Nährstoffe für die Pflanzen, die generell für die Entwicklung stehen, die nicht von der Wurzel getrennt wurde. Pflanzen sind Sein und Werden in einem. Wir tragen etwas in uns, was uns immer wieder dazu verleitet, den Weg des Normalen bzw. der Vernunft zu gehen – ja, das Ewige, Unberechenbare, bei uns selbst nicht für möglich zu halten. Dieses mangelnde Vertrauen, das sich in unserem Verhalten zeigt, ist der Verrat, der dazu führt, dass dieser Teil (Judas) in uns genau das bewirkt was wir eigentlich »vernünftig« vermeiden wollten:

Dieser nun hat sich zwar von dem Lohn der Ungerechtigkeit einen Acker erworben und ist, kopfüber gestürzt, mitten entzweigeborsten, und alle seine Eingeweide sind ausgeschüttet worden. (Apg. 1,18)

Der Kontakt meiner vom Ewigen abgekoppelte Vernunft zum Diesseitigen (Erde) wird aufgehoben (Erhängen) und die Vernunft lässt mich dessen verlustig gehen, was mich als Mensch ausmacht: der Herzlichkeit (Eingeweide, griechisch splanchnon meint in erster Linie herzlich – siehe Luk. 1,78). Anders: Das von Gott abgekoppelte Denken verrät allezeit das Ewige und muss nach kurzem geringen Erfolg (»Lohn des Judas«) am Ende durch sich selber sterben. Mit Sterben wird das Ende einer Phase oder einer Beziehung ausgedrückt.

Ich muss mit meinem Denken und Berechnen in Bezug auf das Ewige hin scheitern – eher kann Christus nicht in mir auferstehen. Das ist keine einmalige Angelegenheit. Das Ewige zeigt sich nur durch die Wiederholung hier in der Zeit.