Ein häufiges Verb im Alten Testament ist karath (כרת), 20+200+400. Über 200x kommt es vor, es wird oft etwas überstilisiert mit „ausrotten“ übersetzt. Meist wird eine Handlung geschildert, deren Ausübung eine „Ausrottung“ aus dem Volk nach sich zieht. Auch vom Ausrotten einer Seele ist mehrfach die Rede, wobei die Frage entsteht: Was soll denn damit gemeint sein?
Zunächst einmal bedeutet karath entwurzeln, abschneiden oder einen Baum fällen. Das ist leicht zu verstehen, denn sobald man einen Baum entwurzelt, wird er weder weiter wachsen, noch wird er neue Blätter oder Früchte hervorbringen. Für den Baum bedeutet das unwiderruflich den Tod. Ein Zimmermann wird deshalb jedoch nicht trauern, sondern hat diesen Fall vielleicht sogar beabsichtigt, weil er aus dem Holz einen Balken anfertigen will.
Für Balken gibt es mehrere hebr. Wörter, eines davon lautet karutha (כרתה), das direkt vom Verb karath kommt. Wie wichtig Balken bei der Konstruktion von Häusern und insbesondere von Dächern sind, braucht hier nicht weiter erörtert zu werden. Sie haben oft eine im wahrsten Sinne des Wortes tragende Rolle und das für viele Jahre, manchmal Jahrzehnte und in einigen Fällen sind es sogar Jahrhunderte. Ja, da war das „Ausrotten“ doch gar nicht so schlecht, oder?
Ein anderes Wort für Balken ist bad (בד), 2+4. Dasselbe Wort bedeutet auch eine Lüge im Sinne einer erfundenen Geschichte. Vergleichen wir die Wörter miteinander, so fällt der Charakter der 6 auf. Karath kann man auch „wie die 600“ lesen und bad ist direkt die 6. Auch das bekannte Wort scheker (שקר), 300+100+200, zählt 600 und ist die Lüge schlechthin. Diese Zeit-Welt wird Olam Ha-Scheker genannt, weil sie uns eigentlich anlügt. Eine Lüge ist sie dann, wenn wir denken, sie wäre fest und unveränderlich. In einer anderen Reihenfolge wird aus scheker (שקר) karasch (קרש), das bedeutet fest werden und erstarren. Als keresch ausgesprochen, man höre und staune, haben wir ein weiteres Wort für Balken. Lüge ist Sterben, Erstarren und Festhängen, während die Wahrheit immer mit Bewegung und Leben zusammenhängt.
Nun ist aber der, der sagt, dass er die Wahrheit ist, Zimmermann von Beruf, also allgemein gesprochen jemand, der gefälltes Holz bearbeitet. Doch wer sagt das, dass er Zimmermann ist? Es sind die Leute seiner Umgebung, seine Verwandten und sein Haus (Mark. 6:3-4). Für diese sieht es so aus, als ob er sich auch nur mit dem befassen würde, was die Zeit hat wachsen lassen. Wenn man den Heiligen auf seinen Einfluss auf das Zeitliche reduziert, wird nicht viel passieren: „Er konnte dort kaum etwas tun“ (Mark. 6:5). Im Griechischen steht dort, dass ihm die dynamis fehlte.
Dass uns das Wort Balken im griech. NT genau 6x begegnet (δοκός) fügt sich nahtlos in das Gesamtverständnis ein. Vom Balken im Auge spricht Jesus und jetzt wird deutlich, dass dieses etwas schwierige Bild, das bei dieser Aussage in unserem Kopf entsteht, eigentlich meint: Wenn du deinen Augen folgst, ist deine Sicht auf die Welt eine einzige Lüge. Dass dann der Heilige in deinem Leben kaum etwas bewirken kann, liegt auf der Hand. Lesen wir Mark 6:5 weiter, finden wir eine Ausnahme, die erwähnt wird. Etwas konnte der Heilige also doch machen: „… außer dass er einigen Schwachen die Hände auflegte und sie heilte.“
Hier werden im Kontext der Aussage, dass er ein Zimmermann sei, die Hände erwähnt, ohne die ein Zimmermann bekanntlich nichts machen kann. Er hätte doch einfach sagen können: Sei gesund! Aber er nimmt seine Hände und kümmert sich damit um „einige Schwache“. Das griech. Wort im Grundtext bringt die Erzählung erst ins richtige Licht. Das Wort „Schwache“ (arrhostos) ist zusammengesetzt aus a (ohne) und rhonnymi, das allgemein „stärken“ bedeutet und mit lat. rōbur zusammenhängt, das ist die Eiche bzw. das Eichenholz. Weiterläufig ist es sogar mit unserem Wort „robust“ verwandt. Anstatt „auszurotten“ stärkt er die Verbindung zur Wurzel, sodass der „dahinsiechende“ Baum zu Kräften kommt und stark wird.
Der Balken zeigt uns als und im Wort seine direkte Beziehung zur Täuschung, der wir anheimfallen, wenn wir unseren Augen folgen, so wie es Eva am Baum der Erkenntnis getan hat. Die aus dieser Betrachtungsweise konstruierten Lügengebäude können von langer Dauer sein, aber eines ist gewiss: Sie werden zusammenstürzen. Käfer, Würmer, Pilze reichen aus, um ein Gebälk marode zu machen. Der Messias kümmert sich um das göttliche Wachstum bei uns, das seine Kraft aus der ewigen Wahrheit saugt. Eine Eiche heißt auf Hebräisch elon (אלון), das auch oder in einer Variation mit Terebinthe (אלה) übersetzt wird. Wegen des Wortstammes el (אל) werden Eichen mit göttlicher Macht oder Offenbarung in Beziehung gebracht. Das geht zurück bis auf Gen. 12:6, dort wird elon zum ersten Mal zusammen mit moréh (מורה), erwähnt. Ein moréh ist ein Lehrer, bedeutet aber auch widerspenstig und sich widersetzend. Es geht hierbei in erster Linie um die Thora, die sprachlich direkt mit moréh zusammenhängt und deren ewige Lehre sich der zeitlichen Lehre widersetzt und sich von dieser nichts gefallen lässt, denn lebende Bäume sind stabiler als ihre toten Brüder, aus denen Bauwerke der Täuschung errichtet werden. Die Thora wird auch Baum des Lebens genannt.