Männlichkeit der Bibel

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Friedrich Weinreb in Legende von den beiden Bäumen

Es verwundert vielleicht, daß die Bibel so überwiegend männlich ist. Die Männer werden gezählt. Beim Auszug aus Ägypten gibt es 600000 Männer über 20 Jahre und dann noch alle Frauen, Kinder, Vieh und weitere Habe. Vielleicht wollen wir deshalb mal Abstand nehmen von der Beurteilung der Bibel als nur-im-Zeit-Räumlichen handelnde Mitteilung und versuchen, die Prinzipien, von welchen wir sprachen, hier etwas ernster zu nehmen. Dann würde es bedeuten, daß hier vom Bereich des Nicht-Bewußten gesprochen wird, und daß hier eine Welt des Nicht-Bewußten geöffnet wird. Und dann kommen schon die Frauen usw. mit. Dann kommt das Verhalten im Leben, und dann kommen die Begegnungen im Leben schon auch zu ihrem Recht. Denn ohne Frauen sind diese Männer nicht. Und dann werden die Frauen, welche wohl mit Namen und Erleben genannt werden, auf einmal Körperliches, welches dann doch dort, jenseitig, anwesend ist. Wir trennen immer wieder die Wurzeln. Und zerstören unsere Sicht, verderben unsere Lebensfreude. Denn ohne Verbindung zum Baum des Lebens gibt es vielleicht hier überhaupt kein sinnvolles Leben.
Wenn das Männliche diese Welt des Verborgenen ist, dann ist es wohl sehr wichtig für unser Leben, daß es so viele Geschichten aus dieser Welt gibt. Keine direkten Mitteilungen in der Art, wie wir gewohnt sind, das Diesseitige zu messen. Dann würden diese Mitteilungen mit Leichtmetallschiffen, mit besonderen Antriebswerken, aus dem Weltraum zu uns kommen müssen, mit technisch hochqualifizierten Wissenschaftlern; eben so, wie viele es gern träumen. Und dabei elend und verlassen sind.
Es gibt aber die Geschichten, Erzählungen, weil dies die Vermittler sind für die aus der Welt des Jenseits zu uns gekommenen Mitteilungen. Dort, jenseitig sind sie exakt, so wie die 600000 dort exakt sind. Wenn man die Geschichten als solche erkennt, können sie sehr Vieles und sehr Wichtiges vermitteln. Man sieht dann diese Geschichten nicht als etwas jenseitig des Menschlichen an. Diese Geschichten kommen aus dem Menschen, »sehr nahe ist dir die Sache, in deinem Munde und in deinem Herzen, es zu tun«. Also nicht ein deus ex machina, kein Donner und Blitz hier, sondern im Menschen. Diese Geschichten kommen dem Menschen, er atmet sie ein.