Pessach – Wenn die Zeit sich öffnet

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Der 9. Schlag („Plage“)

Die 9. makkah, 40-20-5 (Schlag, nicht „Plage“) ist die der choschech, 8-300-20 (Finsternis). Modern physikalisch ausgedrückt heißt das auch: Der Zusammenbruch der Materie, weil die Elektronenringe aufhören, selbständig zu existieren und wieder eins mit dem Kern werden.
Denn bei der Schöpfung herrschte zunächst Finsternis über dem, was man tehom, 400-5-6-40 [Abgrund] nennt. Es gab also keinen Kreis, alles war in einer Einheit, aber noch in einer unerlösten Einheit, in einem Chaos. Die Erde war tohu wabohu und über dem Wasser war der ruach elohim [Geist Gottes].

Wir haben es eigentlich schon hier zu Beginn mit den vier Elementen zu tun:

  1. Die aus Masse bestehende Erde [aphar, 70-80-200], die wir innerhalb unserer begrenzten Naturwissenschaft Neutron nennen.
  2. Das eigentlich geladene Wasser [majim, 40-10-40], das wir als positiven Kern mit Proton versuchen auszudrücken.
  3. Die Energie, die den Kern und den Kreis zusammenhält, welche in der Materie als ruach, 200-6-8 (bewegte Luft) erscheint.
  4. Zuletzt das Licht, das der Welt die gegenwärtige Erscheinungsform gab, hier bekannt als Feuer, hebräisch esch, 1-300.
Atommodell gemäß Friedrich Weinreb
Atommodell gemäß Friedrich Weinreb; Grafik Dieter Miunske

Dort, im [Außen-]Kreis, befinden sich die Elektronen, die Licht geben, die das Material für uns sichtbar machen. Denn was wir sehen, ist der äußere Elektronenring und so geht die Welt ihren Weg in Zweiheit, zusammengehalten von der ruach, so wie die ruach Gottes dem Menschen das Leben gab und den Menschen zu einem Zweiheitswesen machte: göttlich und irdisch. Und diese Welt des Kreises und des Kerns, also der Zweiheit, ist die Welt von Mizrajim, das Land der Zweiheit. Und nun geht der Weg von Mizrajim zur Erlösung heraus aus dieser Zweiheit.

Der „große Gast“

Zuerst wurde Israel in Mizrajim gesät, als Gott auf die Erde kam und als die Seele in den Menschen kam, aber immer, um eigentlich wieder zurückzugehen, nachdem die Erde und der Mensch durch diesen Gast befreit und erlöst worden waren. Dieser Gast wird, während er zu Gast ist, gar nicht gesehen, sondern als Last empfunden.
Aus diesem Grund ist das Prinzip der Gastfreundschaft so weitreichend und so extrem wichtig, dass jemand, der Gastfreundschaft praktiziert, etwas tut, was eigentlich in dieser Welt für den „großen Gast“ getan werden muss.
Deshalb wird immer betont, dass man gastfreundlich sein muss, gegen alle logischen und materiellen Konsequenzen, denn der Gast ist das Wichtigste, und das eigene Ich kommt erst an zweiter Stelle. So wurde Lot befreit, weil er gegen alle Gefahren den Gast beherbergte, und so muss der Mensch in seinem körperlichen Leben, trotz aller Konsequenzen, zuerst die Interessen seines Gastes, der neschamah, (göttl. Seele), wahrnehmen. Und so muss auch die Welt als Ganzes zunächst einmal mit den Maßstäben von Gottes Geist rechnen, der in der schechinah hergekommen ist. Und immer gibt es den gleichen Widerstand gegen diese Gäste, wie es ihn bei den Ägyptern gegen Israel gab, und deshalb wird dem Menschen immer gesagt: „Gedenke daran, dass du in Ägypten ein Gast warst, und deshalb erinnere dich daran, dass jeder, der als Gast zu dir kommt, egal wie, wann oder wo, etwas mit dem großen Gast zu tun hat, der zu dir geschickt wurde, und behandle ihn als solchen. Habe keine Angst, dass dein Tier geopfert werden muss, wie die Ägypter Angst hatten, denn dieser Gast ist gerade gekommen, um euch zu prüfen und euch zu befreien.“
Deshalb ist das „Gesetz des Fremden“, das die Eliminierung und Unterdrückung des Fremden impliziert, eine typisch heidnische Sache, wie wir es auch in Sodom sehen. Dem Gast sollte, entgegen aller inneren Regungen, der erste Platz eingeräumt werden.

Das Ende des Achten

Ägypten hatte vor der Finsternis den Weg zum Ende in acht Phasen zurückgelegt. Die 8. Phase war die der arbeh, 1-200-2-5, der Heuschrecke, die alles gefressen hatte, also faktisch die Welt vollendet hatte. Es war nichts mehr übrig in Ägypten. Nachdem alles vollendet war, verzehrt, endet diese Welt mit dem Achten.
So sehen wir auch das Ende der Sichtbarkeit der Zweiheit am 8. Tag und so gibt es auch nur acht Könige von Edom, denn was jetzt als Neuntes kommt, ist ein vollständiges Aufhören der Materie. Wie auch gesagt wird, dass sich die Ägypter mit der Plage der Finsternis nicht mehr bewegen konnten; wo sie standen, blieben sie stehen, wo sie saßen, blieben sie sitzen, und wenn sie auf halbem Wege standen oder saßen, blieben sie in diesem Zustand (2. Mose 10:23). Und das bedeutet natürlich, dass mit dem Aufhören der Materie auch die Bewegung aufhörte. Und in unserem Bild von Kern und Kreis bedeutet das, dass der Kreis aufgehört hat zu erscheinen; die Sichtbarkeit hat aufgehört und das ist die absolute Finsternis.
Für uns, in unserer Manifestation, bedeutet Finsternis ebenfalls das Ende der Sichtbarkeit. Aber unsere Welt ist eine duale Welt und in ihr ist alles vermischt; daher können wir hier das Absolute nicht sehen.
Aber jetzt, in der 9. Phase, in der die Welt eigentlich in Unsichtbarkeit geborgen ist, so wie Israel im Exil eigentlich unsichtbar ist, um nach diesem Exil wiedergeboren zu werden, so wie auch Ägypten durch das Schlagen der „1“ von Ägypten aufgehoben wird, kommt die absolute Unsichtbarkeit, der Stillstand in der Geschichte in Ägypten. Es ist wie der körperliche Tod auch das Verschwinden aus dem Blickfeld, aber hier wird ausdrücklich gesagt, dass in den Wohnstätten Israels keine Dunkelheit herrschte (2. Mose 10:23); nur das, was Ägypten ist, wird unsichtbar.
Und dann, wenn auf diese Weise der Kreis überwunden und vom Kern absorbiert wurde und diese Welt der Zweiheit verborgen wurde, entsteht eine neue Reihe, die Reihe, die mit der 10 beginnt und wodurch die Zahlen, die von der 1 regiert werden und die die Reihe bis einschließlich 9 gebildet hatten, in eine neue Welt übergehen, die Welt, die mit der 10 beginnt und wobei es dann heißt, dass die 1 von Ägypten nun geschlagen wird. Die Spirale geht nun mit einer neuen Null, die eigentlich die 10 ist, in eine Reihe von 11, 12 usw. über. Diese 10 stellt den Übergang zwischen den beiden Welten dar und deshalb wird erzählt, wie die 1 von Ägypten nun weggenommen wird. Und nun endet dieser ganze Kreis und die Geburt aus Ägypten kommt zustande. Genau dann, wenn die „1“ weggenommen wird, isst Israel das Lamm, das den Übergang – auch leiblich – von einer Welt in die andere ermöglicht.

Hinwendung zum Kern – Abschottung nach außen

Das Blut des Lammes kommt an die Türen, an die pethach. Diese Eingänge hatten schon immer dazu gedient, in diese Welt hinein und aus ihr heraus zu gehen. Aber jetzt sind sie versiegelt und verschlossen. Das Eingeschlossen-Sein ist die Trennung der Verbindung mit der Welt Ägyptens; nur so ist das Überleben in Ägypten möglich. Pethach wird nun zu Pessach. Die Samech ersetzt die Taw; das Verhältnis zwischen beiden ist 6,66.
Es ist wiederum eine unbestimmte Zahl und daher ist das Begreifen dieses Übergangs für unser Denken nicht fassbar, ein unbegreifliches Ding und doch existiert es. Und dieser Übergang kommt genau dann zustande, wenn man sich erstens komplett von Ägypten abschottet, das heißt, wenn man genau das tut, was wir beim Opfer sehen, dass man den Kreis des Tieres durchbricht. Deshalb nimmt man auch dieses Lamm, das den Körper darstellt, und durchbricht den Kreis. Dies ist das Zeichen, dass sie sich von dieser Welt abgetrennt hatten und die Konsequenzen um des anderen willen auf sich nahmen.
Auf diese Weise hat man den Tod dieser Welt überwunden, denn sobald man zum Kern dieser Welt gelangt und diesen Kern dem Zugriff der Welt entzieht, wird der Zugang verschlossen und die Erinnerung darüber erwacht, dass es noch etwas ganz anderes gibt. Daher ist die Beziehung zwischen Pethach (80-400-8) und Pessach (80-60-8) 3,3 (488 : 148) – die Zahl der Form (gal, 3-30) und vergleiche dies mit der 6,66 oben.

Verhältnis zwischen Pethach und Pessach; Grafik Dieter Miunske

Und so gab es den körperlichen Übergang von Ägypten in die neue Welt und so hat jede Geburt eine Verbindung mit dem Alten, nimmt etwas vom Alten mit.
Das Wort „männlich“ heißt hebräisch sachar, und neben „männlich“ bedeutet es auch „erinnern“. Denn das Männliche, der Kern, kommt mit uns aus einer anderen Welt, aus einer früheren Welt, hat die Erinnerung an das Vorige und hält an dieser Bindung fest. Deshalb zählt beim Erstgeborenen gerade das Männliche, denn es zeigt die Verbindungen zwischen den Welten an. Deshalb muss jeder männliche Erstgeborene auch aus Ägypten befreit werden, weil er sonst ebenfalls der Gefahr ausgesetzt ist, mit der „1“ Mizrajims, der Erstgeburt Ägyptens, geschlagen zu werden. Dies ist der Grund für die Beschneidung, weil sie die Kraft des Körperlichen beschränkt und die Gefahr aufhebt.

Was jetzt? Scheinbar gibt es weder vor noch zurück

Beim Auszug aus Ägypten steht Israel dem jam suf, dem Meer des Endes, gegenüber. Nun entsteht die Angst, die immer dann auftaucht, wenn man keinerlei Optionen mehr offen hat. Auf der einen Seite ist man mit dem „Ende der Zeit“ konfrontiert, wofür das jam suf ein Ausdruck ist, und hat Angst darin zu ertrinken, und auf der anderen Seite steht Ägypten, aus dessen Gefangenschaft man soeben geflohen war und eine noch stärkere Unterdrückung durch den Körper fürchtet. Dort erlebte man eine Zeit, wie man sie noch nicht gekannt hatte, in der das Ertrinken unausweichlich schien. Und nun geschieht ein Wunder, dass sich dieses Meer in eine Zweiheit teilt, dass man dennoch nicht in dieser Zeit ertrinkt, sondern durch sie hindurchgeht wie durch trockenes Land, während die Zeit, wie wörtlich gesagt wird, sich auf beiden Seiten „verfestigt“. Die Zeit ist keine flüssige Masse mehr, kein ewig fließender Strom, sondern die Zeit ist zu einem Maß für den Raum geworden, ist fest geworden und kann in zwei Richtungen gesehen und verstanden werden. Aber das gilt nur für Israel, denn die Ägypter, die, wie erzählt wird, gleichzeitig mit ihren Streitwagen dominieren wollten, bekamen Schwierigkeiten mit dem Runden, mit den Rädern, die dort nicht mehr funktionierten.
Das Runde, das wir in dieser Welt als anwendbares Maß kennen, hört auf zu existieren, es bewegt sich nicht mehr, wie auch gesagt wird: Es wurde immer schwerer, bis es stecken blieb. So verhält es sich mit der Welt, wenn sie sich mit ihren Erkenntnissen, die sie aus der Beobachtung und Forschung erhält, höhere Welten erreichen und beherrschen will. Sie wird unwiderruflich festlaufen und wie weiter gesagt wird: Das Meer stürzte auf die Ägypter ein. Was nun für Israel der Raum war, wird für Ägypten wieder zur Zeit.
Der Körper mit seinen runden Maßstäben – deshalb auch immer die Wagen Ägyptens – begreift nicht die zum Raum gewordene Zeit und ebenso wenig begreift er das, was wir ein Wunder nennen, wo die Zeit sichtbar wird, weil sie stillsteht und man an ihr entlangziehen kann und alles eine feste Form angenommen hat.
Das ist auch eine der verschiedenen Ausdrucksformen des Endes der Welt, dass man in großem Maße den Wegzug vom Kern sieht, dass die Seele weg zu anderen Welten zieht und man das auf rein wissenschaftliche Weise zu verfolgen sucht.
Die Pferde mit den Wagen und den Reitern, das Tier Ägyptens und das Runde, folgen und sie schaffen es sogar, für einen Moment die Grenze zu überschreiten. Man gerät auch in diesen wunderlichen Zustand, die Zeit von sich selbst kontrolliert zu sehen. Man will der Seele auf ihrem Weg folgen, aber gerade wenn man sich ganz in die Zeit hinein gewagt hat, stürzt das ganze Gebäude ein. Das ist auch die Entwicklung des Endes, bei der man denkt, man hat gewonnen, man denkt, man hat die Frucht in den Händen, nur um festzustellen, dass man sich eigentlich selbst ins Verderben gezogen hat.

Das Größte und Schönste liegt ganz woanders

Und so ist es auch im individuellen Leben und Denken. Die Seele geht voran, sie entflieht gerne den Zwängen und der Dürre des körperlichen Denkens, aber der Körper, stets auf der Hut, bekommt plötzlich die Möglichkeit, mit seinen Maßstäben in das Grenzgebiet zu folgen, und er will in die Fußstapfen des wirklichen Menschen treten und auch diese andere Welt beherrschen. Der Körper kann nur mit seinem Maßstab kommen; er kommt mit dem Runden, mit den Rädern und den Wagen. Er merkt zwar, dass die Dinge schwieriger sind, dass sich die Räder der Wagen nicht mehr drehen, dass die Maße nicht mehr passen, dass Gesetze auftreten, die unseren Naturgesetzen völlig entgegengesetzt sind, aber er verfolgt es weiter. Es ist zum einen die Angst des Körpers, den Kontakt zur Seele zu verlieren, zum anderen eine Art Eifersucht, ein Nicht-Verstehen, warum der Mensch mit den Lehren und Maßstäben des Körpers nicht zufrieden ist.
Und so merkt man auf bestimmten Gebieten, wo es möglich ist, dass die Welt noch etwas ganz anderes ist, dass gerade das Größte und das Schönste ganz woanders liegen. Beispielsweise sehen wir dann auch, dass wenn der Geist weiß, dass es keinen Tod gibt, der Körper auf seine Art und Weise folgen will und versucht Kontakt zum anderen Leben zu erhalten, was natürlich nicht nur zu einer Karikatur wird und kläglich scheitert, sondern auch zum Zusammenbruch dieses Körpers führt, weil er sich in Bereichen bewegt, außerhalb des typischen Mizrajim, außerhalb der typischen Welt der Zweiheit.

Deshalb sind die moderne und heidnische Astrologie, die Parapsychologie, der Spiritismus und sogar das ganze Gebiet der Kernphysik und der modernen Astronomie nichts anderes als ein Wagnis des Menschen mit seinem Körper in jenes Meer des Endes einzudringen, durch das Israel hindurchgehen kann, nicht aber das heidnische Ägypten. Ägypten denkt nicht darüber nach, kann seine Maßstäbe auch nicht ablegen, denn dann wäre es nicht mehr Ägypten. Viele der Ägypter zogen mit Israel aus, wie uns gesagt wird, aber diese nahmen die Maßstäbe von Israel an. Diese Ägypter werden erew raw genannt.
[erew raw, 70-200-2 200-2, hat in der Summe den gleichen Wert wie da’ath, 4-70-400, das Wissen (nämlich 474), weshalb es heißt: Achtung, das Wissen bringt dich nach dem Auszug zu Fall! Oder anders: Versuche nicht aus Erfahrungen jenseits des Körpers, eine Lehre zu konstruieren, das wird dich zu Fall bringen.]
Was sich aber als Ägypter mit den Rädern Ägyptens und mit ägyptischen Kreisen in dieses Gebiet wagt, ertrinkt. Für sie ist diese Endzeit in der Tat eine Zeit voller Gefahren, eine Zeit, die jeden Individualismus bricht, jede Persönlichkeit zum Erlöschen bringt. Nicht umsonst wird gesagt, dass diese Zeit eine sehr gefährliche Zeit ist. Das jam suf (wörtl. Meer des Endes) wird auch Schilfmeer übersetzt, denn Schilf ist eine typische Erscheinung am Ende: Viel Körperliches und ein wertloser belangloser Kern. Es geht hier um das Schilf an sich und nicht um die Samenkörner. Beim Getreide geht es um die Körner, beim Schilf aber um die Hülle. Deshalb spielt am Ende auf dem Gebiet der Pflanzen das Schilf, das bekanntlich als Hüllmaterial verwendet wird – man denke auch an die erste Geschichte von Mose – eine große Rolle. Man beachte auch, dass Israel aufgetragen wird, Stroh zu sammeln.
Und so war es auch mit dem Baum der Erkenntnis. Der Körper mit seinen Maßstäben wollte den Weg gehen, der eigentlich nur dem Göttlichen vorbehalten war, und prompt brach die Zeit über ihn herein, der Körper stürzte in die Zeit, also in den Tod.
Und so konnte Israel gefahrlos weggehen, unsichtbar für die Ägypter, unverständlich, und es würde nie wieder auf diesem Weg nach Ägypten zurückkehren, und Ägypten könnte auf andere Weise zu Israel kommen. Und so ist es mit jedem Menschen, wenn er diesen Weg mit seinen körperlichen Maßstäben gehen will und auch mit der Menschheit, wenn sie in ihrem Hochmut meint, ihre körperlichen Maßstäbe, ihre Wissenschaft und Wahrnehmung könnten diesen Weg durch das Trockene tatsächlich gehen.
(jam suf, 10-40 60-6-80, hat die Zahl 196; dies ist auch 2² × 7². Der Athbasch-Wert ist 144.)