Tue Gutes, aber erwarte nichts dafür!

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Bei Bileam kommt alles genau andersherum, es kehrt sich wie in einem Spiegel um. Die Alte Welt will fluchen, doch der Spiegel dreht es in einen Segen. Hier erkennen wir auch den großartigen Sinn der Zweiheit – immer ist auch die andere Seite da. Nach irdischen Maßstäben sollte es vollständig böse sein, aber der Mensch vergisst, dass seine Wertung immer nur die eine Hälfte ist und die andere Hälfte, die er nicht sieht, seine Wertung wieder aufhebt. Deshalb sieht man oft Leid als Antwort auf eine gute Tat. Oder jemand will bewusst einem anderen Schaden zufügen, doch es kehrt sich um und der vermeintlich Geschädigte ist am Ende der, der am meisten profitiert. Deshalb sollten wir unser Tun nie nach Belohnung oder Strafe ausrichten, weil gerade dann die Umkehrung stattfinden kann und das Gegenteil eintreten könnte. Aus diesem Grund sind Menschen oft von Gott enttäuscht, weil sie nach ihrem Ermessen doch endlich mal eine Belohnung verdient hätten, diese aber nicht nur ausbleibt, sondern mitunter das Gegenteil eintritt. Die Lösung lautet: Tue Gutes und erwarte nichts dafür! Suche weder Dank noch Anerkennung, das versteht man unter Eins-Werden.

Und derjenige, der Schlechtes tut, bewirkt in der Konsequenz etwas, das oft ganz anders ausfällt, als wir es nach unserem Dafürhalten erwartet hätten. So spricht Joseph am Ende zu seinen Brüdern:

Ihr zwar hattet Böses gegen mich im Sinn; Gott hatte im Sinn, es gut zu machen, damit er täte, wie es an diesem Tag ist, um ein großes Volk am Leben zu erhalten.

1. Mose 50:20

Dieser Vers zeigt auch das Prinzip „Einer für alle“: Josephs Brüder wendeten sich gegen ihn als Einzelnen (ihr hattet Böses gegen mich im Sinn), doch es folgt nicht die Aussage „Gott hatte es im Sinn, dass es mir gut ginge“, sondern „um ein großes Volk am Leben zu erhalten“. Und dieses „große Volk“ schließt Joseph und alle anderen mit ein, sogar die, die eine böse Absicht hatten!
Eigentlich steht jedoch nicht „großes Volk“ (das wäre am gadol) im Original, sondern am rav, also eine Vielheit im Sinne des „am“, 70+40. Wenn man in einer dt. Übersetzung der Bibel das Wort „Volk“ liest, stehen verschiedene Wörter dafür im Grundtext. Das hier verwendete „am“ bedeutet eine Gemeinschaft, die durch ein inneres Band verbunden ist (als „em“ ausgesprochen ist es das Verbindungswort „mit“). Das zugrunde liegende Verb lautet amam, 70+40+40, das verdunkeln, verfinstern oder auch „im Geheimnis weilend“ bedeutet. Auch das sich von einem Menschen auf unerklärliche Weise angezogen Fühlen hängt mit diesem Wort zusammen. Darüber hinaus ist es aber viel mehr, denn es ist das Gefühl auf eine rätselhafte Weise mit allem verbunden zu sein, und genau das „soll am Leben erhalten werden“ (s. oben).

Der aus zwei Wörtern bestehende Ausdruck am rav könnte man auch als (Anagramm) me’ever lesen (das genau genommen auch aus zwei Begriffen besteht), das „von jenseits“ bedeutet (s. Grafik). Und „von jenseits“ kommt Joseph, der auch direkt mit der 11 und der 110 zusammenhängt, dem Zahlenwert für das Volk, des „am“, 70+40 (= 110). Er hat den Traum, worin sich 11 Sterne vor ihm verbeugen und er wird 110 Jahre alt. Diese Jahre werden wiederum in die 1 x 22 Jahre der Trennung vom Vater und die 4 x 22 „anderen“ Jahre aufgeteilt. Er verkörpert den Ivri, den Hebräer, der in seiner Herkunft das Jenseitige trägt (s. 1. Mose 39:14).
Das Jenseitige wird zum Retter des am rav, das ebenfalls mit dem Jenseitigen zusammenhängt, doch auf eine unerklärliche Weise. Zur Freilassung und Anerkennung des Jenseitigen, des Erretters, der auch während der Zeit ohne Not schon anwesend war, geht die Unruhe und Ratlosigkeit des Pharaos voraus, dessen Schicksal jedoch noch weiter vorher auch schon bekannt war und das Verhalten der Brüder so lenkte, dass Joseph das Schicksal bekam, ohne welches eine Errettung ausgeschlossen gewesen wäre.

Und nun betrübt euch nicht, und zürnt nicht über euch selbst, dass ihr mich hierher verkauft habt; denn zur Erhaltung des Lebens hat Gott mich vor euch hergesandt.

1. Mose 45:5

Was weiß der Mensch? Wir können nur rückblickend den Sinn unseres Lebens, unserer Wege, unserer Höhen und Tiefen erfahren, andernfalls könnten wir nie im Vertrauen handeln.
Das bedeutet wiederum nicht, dass der Mensch bewusst böse handeln soll auf dass Gutes dabei herauskomme, sondern er braucht sich nicht vor denen fürchten, die Böses im Sinn haben.

Leicht lässt sich hier die Verbindung zwischen dem Jenseitigen (Hebräer) und der Gemeinschaft erkennen, weshalb wir im NT auch nur im Hebräer-Brief, dem Brief an das Jenseitige in uns selbst (!), den Aufruf finden:

indem wir unsere eigene Versammlung nicht verlassen, (…)

Hebr. 10:25a