Über mich

Nach herben Enttäuschungen sowohl innerhalb der römisch-katholischen Kirche als auch im evangelischen Lager und dessen Unterkategorien stieß ich 1998 erstmals mit einem zufälligen Fund des Buches »Die Symbolik der Bibelsprache« im Bücherstapel eines Bekannten auf das Werk Friedrich Weinrebs. Schon früh war mir innerlich klar, dass es mit der Bibel etwas Besonderes auf sich hat; sie also nicht irgendein Buch wie jedes andere ist. Welche Auswirkungen die Streitigkeiten um die Inhalte bzw. deren Auslegung für einen Menschen haben können, habe ich selbst zur Genüge kennengelernt. Was den meisten Lesern fehlt, ist der Schlüssel, der das Wort öffnet. Diesen Schlüssel fand ich bei Friedrich Weinreb in Form eines Zugangs zur alt-hebräischen Sprache, in welcher das Alte Testament im Original verfasst ist.

Weinrebs Kenntnisse innerhalb dieser Sprache und was damit verbunden ist, basieren einerseits darauf, dass er als chassidischer Jude damit aufwuchs, andererseits auf seinem intensiven, lebenslangen Studium alter hebräischer und aramäischer Quellen, die auf fulminante Weise über das Innere des Wortes erzählen. In meinem eigenen Studium seines umfangreichen Werkes erlebte und erlebe ich, was er in den 70er-Jahren seinen Zuhörern sagte:

Wenn Sie das, was ich erzähle, auf seine Richtigkeit hin prüfen wollen, dann suchen Sie bitte die Beweise nur in sich selbst. Alles, was ich von den alten Bildern in heutige Begriffe übersetzend erzähle, sind Mitteilungen aus Ihrem eigenen Unbewussten, Geschehnisse in Ihrer Fantasie, in Ihrem Vorstellungsvermögen, in Ihrer Triebsphäre; sie kommen aus der Welt Ihres Fühlens und Empfindens, in welcher Liebe, Hass oder Aggression – Begriffe, die schwer zu messen und zu bewerten sind – die Hauptrolle spielen.
(Weinreb, Traumleben)

Der größte Teil der mir bekannten Auslegungen der Bibel basiert auf dem wortwörtlichen Verständnis des Textes, seinem vermeintlichen historischen Kontext und dessen Deutung nach eigenem Dafürhalten. Ohne die Kenntnis der inneren Architektur des Wortes brechen all diese gut gemeinten Exegesen spätestens dann in sich zusammen, wenn Bibelverse angewendet werden, die der eigenen Auslegung widersprechen. Über 31.000 Verse der gesamten Heiligen Schrift bieten dafür unzählbare Möglichkeiten. Man kann nicht sagen: »Das ist geschichtlich gemeint«, dann wieder »das bezieht sich nur auf Israel«, und »das war vor Ausgießung des Hl. Geistes« usw. Diese weitverbreiteten Aussagen folgen dem Gesetz der Willkür und der Unterwerfung in die Deutung einer zeitgebundenen Betrachtungsweise. Lesen wir die Bibel als Heiliges Wort, ist sie ewig und damit nicht endlos zeitlich, sondern überzeitlich. Deshalb wird im Alten Wissen gesagt, dass es in der Bibel kein vorher und nachher gibt. Alles findet jetzt statt. Wo? In uns!

Dieser Blog möchte dazu dienen, das Wort als Weg in das eigene Inwendige, das die Bibel das Allerheiligste nennt, zu erkennen und zu entdecken. Das hebräische Wort für Schlüssel lautet mafteach, das kommt von öffnen, patach. Diese Sprache öffnet. Im Deutschen nennt man den Öffner einen Schließer (Schlüssel). Genau das haben die Übersetzungen mit sich gebracht: Anstatt einen Zugang zur Bibel zu geben, haben sie (wenn auch unbewusst und sicher nicht beabsichtigt) das Wort verschlossen. Sämtliche Übersetzungen verhindern ein Hineingehen ins Wort. Genau genommen ist auch der punktierte hebräische Bibeltext bereits eine Übersetzung, denn durch die Festsetzung der Vokale wandert der Text ins Exil.

Wir können viel um ein Haus herumgehen, es von außen betrachten oder sogar bestaunen. Doch was zeigt sich erst, wenn wir hineingehen? Einmal drinnen, erkennen wir bald, dass es sich nicht um irgendein Haus handelt, sondern um unser Haus, um uns selbst. Helle Räume, dunkle Räume, verschiedene Etagen inkl. Keller … all das gehört zu einem Haus, welches ohne Öffner jedoch verschlossen bleibt.
Solange wir uns selbst fremd sind, suchen wir draußen nach Anerkennung und Bestätigung. Einmal eingekehrt, kann es draußen stürmen, regnen, frieren oder schneien – wir sind geschützt. Genauso verhält es sich mit dem Wort. Jeder Mensch hat die Freiheit, sich diesem äußerlich zu nähern und es zu erklären. Doch solange man nicht darin war und darin lebt, spricht man unentwegt von der Schale, ohne zu wissen, dass sie nur dazu da ist, die Frucht bis zur Reife zu schützen. In den meisten Fällen nährt die Schale nicht.

Ich spreche und schreibe von Mensch zu Mensch. Mir ist es völlig gleichgültig, welcher Religion mein Gegenüber angehört. Ich habe kein Interesse daran, andere zu überzeugen oder gar zu missionieren. Ferner geht es mir nicht um die Herabsetzung anderer. Wertschätzung gegenüber sich selbst lässt den Wert des Nächsten erkennen. Es gibt keine Gruppierung, die nur gut oder ausschließlich böse ist. Wir tragen alle alles in uns. Je eher wir das erkennen, desto eher verstummt unser Verurteilen anderen gegenüber.
Wer nach dem inneren Sinn des Wortes sucht, dem möchte ich hiermit die Gelegenheit geben, soweit es mir möglich ist, diesem etwas näherzukommen.

Dieter Miunske, März 2016