Vergleiche dich nicht mit anderen!

Uns wird gesagt, dass das, was sich hier als Gesetz darstellt, dem entspricht, was in der anderen Welt Freiheit genannt wird. Gesetz und Freiheit scheinen also kein Widerspruch zu sein, sondern sind Ausdruck ein und derselben Sache in unterschiedlichen Realitäten. Es stellt sich als Paradoxon dar, als scheinbarer Widerspruch. Einheit und Vielheit sind also auch keine Gegensätze. Das eine antwortet auf das andere.
Für Ruhe und Bewegung gilt das Gleiche. Ruhe gibt es in der Einheit, man ist zu Hause, aber das antwortet auf die andere Seite, wo wir von Bewegung sprechen. Das heißt, sobald wir die Dualität wahrnehmen und von zwei Realitäten sprechen, existiert diese Dualität bereits. Diese Dualität zeigt uns, dass man das eine nur an dem anderen messen kann. Denn was würde das Konzept der Ruhe, des Stillstands bedeuten, wenn wir nicht auch das Konzept der Bewegung kennen würden und umgekehrt. Deshalb spricht man auch von Vielheit, denn auf der anderen Seite gibt es die Einheit.

Man vergleiche nicht innerhalb der Vielheit (der erscheinenden Welt) einen Menschen mit dem anderen. Das macht höchstens hochmütig oder wirkt frustrierend oder gar beschämend. Du stehst Gott ganz alleine gegenüber, dein Nächster ebenso und Gott hat es so gewollt, dass dir manche Dinge leichter fallen als anderen und manche Dinge fallen dir schwerer. Das ist weder Strafe noch Privileg, es hat vielmehr mit deinem Schicksal zu tun. Sobald du das Gefühl hast, etwas ausführen zu müssen, einen Weg einzuschlagen, ohne genau zu wissen warum, also „umsonst“, dann folgst du dem, was in dich hineingelegt wurde. Ein Vergleich ist nur in einer einzigen Sache gefragt: Stimmt meine eigene Vielheit (meine Außenwelt, alles, was damit zu tun hat) mit der Einheit in mir überein. Der Mensch ist im Gleichnis Gottes geschaffen und nicht im Gleichnis zu einem anderen Menschen.

Für die Vielheit verwendet die Bibel die Zahl 70 und die Einheit wird wesentlich in der 1 ausgedrückt; zusammen ergeben beide die 71, das ist der Zahlenwert der Taube (Jonah, 10+6+50+5), die den Weg zurückfindet. Eine BeStimmung ist in diesem Zusammenhang nichts anderes als eine ÜbereinStimmung, und das wiederum ist die ursprüngliche Bedeutung des Wortes zedek, 90+4+100, das heute meist mit „gerecht“ übersetzt wird. Ein zadik („Gerechter“) ist der alten Bedeutung nach jemand, der darauf achtet, dass sein Inneres mit seinem Äußeren übereinstimmt, also eine Art Anti-Pharisäer.
Das möge sich in unserem Leben erfüllen. „Sich erfüllen“ heißt auf Hebräisch malé, ein Wort, dessen Zeichen ebenfalls 71 ergeben (40+30+1). Wenn man den Psalm 71 liest, dann findet man dieses ganz persönliche Sich-Gegenüberstehen, in der auch die Frage aufkommt: Wer bist du? (Vers 19 am Ende). Und er beginnt mit: „Zu dir, HaSchem, nehme ich Zuflucht: Lass mich niemals beschämt werden!

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Autor: Dieter Miunske