Ein Freidenker spottete einmal in Gegenwart des heiligen Rabbi Levi-Jizchok über die Tannaïm und sagte, dass selbst Rabbi Akiba den Aufrührer Bar-Kochba für den Messias gehalten und ihm seine Kleider nachgetragen habe. Der Rabbi erzählte darauf folgendes Gleichnis:
Es war einmal ein Kaiser. Er hatte einen einzigen Sohn, den er wie seinen Augapfel liebte. Dieser Sohn aß einmal von einer nicht ganz frischen Speise und wurde gefährlich krank. Man berief zu ihm die berühmtesten Ärzte, doch keiner konnte ihm helfen. Schließlich versammelte man die größten Ärzte und Gelehrten. Einer von diesen meinte, dass man den Kranken nackt in ein mit einer sehr scharfen Salbe eingeschmiertes Laken einhüllen müsse; wenn er so eine ganze Nacht läge, würde die Salbe die Keime der Krankheit aus seinem Körper ausziehen.
Ein zweiter Arzt wandte ein, dass der Kranke die großen Schmerzen, die die Salbe verursacht, nicht aushalten können werde, denn er sei zu sehr geschwächt. Ein dritter Arzt schlug vor, die Salbe des ersten Arztes anzuwenden, dem Kranken aber zuvor einen Schlaftrunk zu geben, damit er die ganze Nacht schlafe und die Schmerzen nicht spüre. Ein vierter Arzt bemerkte, dass der Kranke ein schwaches Herz habe und dass ihm daher ein Schlaftrunk gefährlich werden könne.
Den besten Rat gab der fünfte Arzt, welcher sagte, dass das Laken mit der scharfen Salbe und der Schlaftrunk vortreffliche Mittel seien; nur solle man den Schlaftrunk nicht auf einmal, sondern in kleinen Dosen geben: Der Kranke würde einschlafen, nach zwei Stunden aufwachen und vor großen Schmerzen schreien; dann solle man ihm wieder etwas vom Schlaftrunk geben, sodass er erneut zwei Stunden lang schlafen würde. Und so solle man es die ganze Nacht machen. Man folgte diesem Rate, und der Kranke wurde gesund.
Als der Herr der Welt sah, dass die Seele des Menschen gefährlich erkrankte und alle Arzneien, die ihm die heiligen Ärzte gaben, nicht mehr halfen, berief er die himmlischen Heerscharen zu einer Konferenz. Dort wurde beschlossen, den Menschen in die Finsternis der Verbannung zu werfen; da aber das Herz des Menschen zu schwach war, um alle die Marter und Verfolgungen auszuhalten, wurde gleichzeitig verordnet, den Menschen einzuschläfern und alle zwei, drei Stunden durch den Posaunenstoß eines falschen Messias aufzuwecken, um ihn dann wieder einzuschläfern. Und so wird es gemacht werden, bis die ganze Nacht der Verbannung abläuft und der wahre Messias erscheint.
Darum werden auch die Augen der größten heiligen Männer, wie die des Rabbi Akiba zuweilen geblendet, damit sie sich irren und einen falschen Messias für einen wahren ansehen.
(Sagen polnischer Juden)