Friedrich Weinreb in Buchstaben des Lebens:
Woher kommt das Wort? Wir reden es, woher aber haben wir es? Es ist aus dem Jenseits zu uns gekommen. Es hat sich durchgerungen, trotzt allen Angriffen unterwegs, wie ein Entkommener meldet es sich bei uns. Wie ein Gast. Werden wir uns begnügen, das Wort, die Sprache – >irgendwoher< haben wir sie, sagen wir dann, >aus unserer Vernunft entwickelt<, sagt man sogar – als Tatsache zu akzeptieren, zu benutzen und damit unsere Welt zu bauen? Oder gibt es in unserem Leben ein Sich-Sehnen nach einer Begegnung mit dem Geheimnis des Wortes? Ein verlockendes Geheimnis. Ist nicht eigentlich mit dem Pe auch die Situation des Cheth wieder da? Sind wir zufrieden mit der Tatsache, daß wir Sprache bei uns entdecken, und grenzen wir dann nicht gerne alle anderen Fragen aus, nach dem Reich, wo dieses Wort zu Hause ist? Wo kamen die vielen Gespräche her, seit Jahrtausenden gesprochen, wo sind sie geblieben? Die Menschen alle, die gelebt, gesprochen, gedacht, geweint und gelacht haben. Aus welchem Reservoir kommt das alles, und kehrt es vielleicht nicht dorthin zurück? Wir sprechen die Sprachen unserer Ahnen, lernen, schwer oder leicht, die Sprachen anderer Völker und spüren, daß alle Sprachen eine gemeinsame Wurzel im Menschen haben. Woher ist das alles, ich ertrage es doch nicht, in den Grenzen bloßen Benutzens gefangen gehalten zu sein. Ich möchte hinaus, hinüber.« »Ruhig, du kommst schon hinüber«, sagte Perez (Perez bedeutet »Durchbruch«), »du bist schon hinüber, wenn diese Sehnsucht sich bei dir zeigt.«